Ein Einzug und ein Auszug. Jubelnde Menschenmassen, Verehrung, Hysterie, Erhöhung als Jesus auf einem Esel in die heilige Stadt hineinzieht, wenig später aber wird er verhöhnt, verurteilt, ausgepeitscht, verspottet und verlassen, Höhen und Tiefen des Lebens so nah beieinander. Jesus wahrer Mensch, Mensch, der alles erlebt, was uns Menschen im Leben zugemutet wird. Er wird das schlimme Ende geahnt haben, als er dort durch das Tor hineingeritten ist und die Menschenmassen sich überboten, ihm nahe zu sein, ihm Gutes zu tun, ein wenig an seiner Herrlichkeit teilzuhaben: So kann es nicht ewig weitergehen, denn so sind die Menschen nicht.
Menschen sind ungeduldig, wenden sich schnell ab, wenn ihre Erwartungen, ihre Lust nicht befriedigt wird. Dann folgt Verurteilung und Geißelung, dann erscheint die Kehrseite der Prominenz.
Jesu Auszug aus der heiligen Stadt erfolgt fünf Tage später unter großem öffentlichem Interesse, wieder stehen sie an den Straßen und lassen ihn nicht aus den Augen. Aber nun trägt er das Kreuz, Verachtung schlägt ihm entgegen. So sind wir Menschen. Wir verehren Schönheit, Kraft und Erfolg, wir suchen das Äußere und glauben denen, die uns das meiste versprechen. Wenn aber das Märchen vom gelingenden Leben ohne Leid und Mühe zerstört wird, reagieren wir ungeduldig, ungehalten, wütend und fordern Opfer.
Jesus hat das Spiel der Verehrung nicht mitgespielt, er hat sich gezeigt und uns, wer er ist, wer wir sind. Er fordert Liebe und Fürsorge für die, die in der Scheinwelt der Gesellschaft keinen Platz haben. Er legt Lieblosigkeit, Egoismus und Lüge schonungslos offen. Er ist nicht bequem. Solch einen König wollen sie nicht, der alle zur Verantwortung zieht. Darum muss er sterben.
Mehr als 2000 Jahre später funktioniert die menschliche Gesellschaft immer noch so, nichts hat sich verändert. Wir sind Menschen, nicht bereit, für andere zurückzustehen, zu verzichten, Rücksicht zu nehmen. Wir wollen alles für uns, und das sofort und im Überfluss. Wer uns daran hindert und an die erinnert, die unsere Unterstützung und Rücksichtnahme brauchen, wird verspottet und beschimpft, hinausgejagt.
Überlegen wir genau, wem wir zujubeln und wen wir verdammen für das, was er sagt und tut. Legen wir dazu das Maß an, dass Jesus uns gegeben hat: Die Liebe zu Gottes Menschen, die sich darin zeigt, dass einer für den anderen verzichten kann, damit alle leben können.